Das Protein Rab18 erfüllt mehrere Aufgaben im Stoffwechsel von Lipidkörpern
Systembiologe Dr. Nachiket Vartak, Junior Group Leader im LiSyM-Netzwerk vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) hat herausgefunden: Das Protein Rab18 steuert den Fettstoffwechsel von Leberzellen, indem es den Metabolismus ihrer Lipidkörper kontrolliert. Rab18 Proteine spielen eine große Rolle bei der nicht-alkoholischen Fettleber (NALFD). Die verbreitete Erkrankung kann ernste gesundheitliche Folgen haben. Vartaks Ergebnisse, hauptsächlich aus modernen Mikroskopieverfahren, sollen irgendwann die Früherkennung, Verlaufsprognose und therapeutischen Möglichkeiten verbessern.
Rab18 – Protein aus der großen Familie der Rab-GTPasen. Rab-Proteine sind an intrazelluläre Membranen gebunden. Dort nehmen sie an der Bildung, der Erkennung, dem Transport und der Verschmelzung von Vesikeln teil.
Hepatozyten – die Leberepithelzellen machen rund 80 Prozent des Lebervolumens aus. Sie übernehmen die meisten Stoffwechselaufgaben des Organs.
Lipidkörper, LD – intrazelluläre Fettansammlungen, die von einer Membran umgeben sind. Fast alle eukaryotischen Zellen stellen sie her, um Fett zu speichern. Die Organellen spielen ein Rolle im Fettstoffwechsel und heißen auch Adiposome, Oleosome, Fetttröpfchen und LD (vom Englischen lipid droplets).
Endoplasmatisches Retikulum – Membransystem in der Zelle, in und an dem viele Stoffwechselprozesse stattfinden. Hier entstehen auch die Lipidkörper/LD.
„Laut Studien haben sechzig Prozent der Europäer Fettablagerungen in der Leber“, sagt Vartak. Aus den Ablagerungen kann eine nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD, v. Engl. nonalcoholic fatty liver disease) hervorgehen, so der Systembiologe: „Mehr als 20 Prozent der Europäer haben bereits NAFLD.“ Die Erkrankung kommt oft erst spät ans Licht, weil über Jahre keine Symptome auftreten. „Zu dem Zeitpunkt, wo wir sie eindeutig sehen können, ist sie unumkehrbar“, erklärt Vartak. NAFLD kann ernste Leberschäden zur Folge haben, im schlimmsten Fall eine Zirrhose.
Nicht-alkoholische Fettleber, NAFLD
Von einer NAFLD sprechen Fachleute, wenn mehr als fünf Prozent der Hepatozyten Fett eingelagert haben und Alkohol dafür keine Rolle spielt. Laut Schätzungen liegt die Häufigkeit in Europa bei 20 bis 30 Prozent. Als wichtigste Ursachen gelten eine ungünstige genetische Veranlagung und ein Lebensstil mit ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel. Gewichtsreduktion kann NAFLD in frühen Stadien beheben. Sonst schreitet sie langsam voran. Bei bis zu 20% der Betroffenen geht die nicht entzündliche Form (einfache oder blande Fettleber) in eine entzündliche (nichtalkoholische Steatohepatitis, NASH für nonalcoholic steatohepatitis) über. Teils ist die Funktion der Hepatozyten hier schon gestört. 10-20% der Betroffenen entwickeln eine höhergradige Fibrose, einige eine ausgeprägte Zirrhose.
„Wir kennen das initiale Ereignis der Entstehung nicht“, nennt Vartak einen weiteren Grund, warum eine Früherkennung schwierig ist. Erste sichtbare Zeichen einer NAFLD sind viele Lipidkörper/LD. Bei Leberkrankungen bilden sich sehr große, ballonartige LD. Unter ihnen leidet die Funktion der Hepatozyten. „Sie quetschen in den Leberzellen alles“, erzählt der 35-Jährige und fügt hinzu: „Wir haben Hinweise, dass Rab18 die Bildung und Größe der Lipidkörper kontrolliert.“
Die GTPase Rab18 fördert in Hepatozyten, dass Lipidkörper entstehen. Eine hohe Zahl davon gilt als frühes Zeichen für nicht-alkoholische Fettleber. Gleichzeitig scheint es, dass Rab18 die Entstehung großer Lidipkörper verhindert. Die sind gefährlicher als kleine.
Weil freie Fettsäuren giftig für sie sind, bauen Hepatozyten sie um und speichern sie sicher in den Lipidkörpern ab . Das findet an der Membran des Endoplasmatischen Retikulums statt. Dort bildet sich eine Art Fettblase, die wächst, solange Rab18 an ihre Membran gebunden ist. „Dann schneidet Rab18 die Blase ab“, erklärt Vartak, wie LD entstehen: „Mit Rab18 bilden Hepatozyten mehr davon.“ Doch es passiert noch etwas: Wenn Rab18 auf den neuen LD aktiv ist, scheint es auch hier die Membran zu schneiden. Statt der gefährlichen großen, entstehen viele kleine LD. Solange Rab18 diese Doppelrolle korrekt erfüllt, hat es weder guten noch schlechten Einfluss auf die Leber.
„Wir glauben, dass die Aktivität von Rab18 und seine Lokalisation in Hepatozyten genau ausbalanciert ist“, sagt Vartak. Er hofft Details aufzudecken, wie und wann dieses Gleichgewicht bei NAFLD verloren geht und so zu einer gestörten Dynamik der LD führt. Dazu verbindet er herkömmliche molekularbiologische und biochemische Daten mit solchen aus modernen Mikroskopieverfahren wie Intravitale Correlative Mikroskopie. Sie vereint Vorteile mehrerer Verfahren: Ein intravitales bildet zuerst die Dynamik biologischer Prozesse in vivo ab. Dann bearbeiten und gleichen Computer die Position des interessanten Bereichs ab, so dass sich die Ergebnisse mit denen einer zweiten Technik zusammenführen lassen, etwa mit Kohärenten Anti-Stokes Raman Microscopy, CARS. Hier machen zwei Laser den Vibrationskontrast von Molekülen sichtbar. So ergeben sich detaillierte chemische Informationen zu Strukturen in Zellen – eine Art Fingerabdruck der chemischen Zusammensetzung, beispielsweise der Fettverteilung.
Als nächstes werden Vartak und Mitarbeiter Proben aus Leberbiopsien von heranwachsenden Fettleber-Patienten analysieren. Korreliert die zelluläre Lokalisation von Rab18 mit der Menge und Größe der LD? Welche Verteilung ist gut, welche schlecht? Der Junior Group Leader hofft, bald mehr zum Beginn und zur Schwere der NAFLD aus Biopsieproben herauslesen zu können: „Aber wir können auch die Lokalisation von Rab18 steuern.“ In Leberzellen bestimmen spezifische Fette, ob Rab18 eher an das Endosplasmatische Retikulum oder an LD bindet. Zudem will der Systembiologe testen, inwieweit andere pharmakologische Substanzen die Fettanreicherung und nachfolgende Störung der Funktion von Hepatozyten kontrollieren können und so möglicherweise NAFLD verhindern: „Ein paar viel versprechende Kandidaten kennen wir schon.“
Wie gelangen Gallensäuren aus der Leber hinaus?
Sein zweites LySyM-Projekt dreht sich um Gallensäuren. Bei choleostatischen Leberkrankungen wie Gallensteinen staut sich die Gallenflüssigkeit in der Leber. Außerdem sind Gallensäuren giftig, aber niemand weiß genau warum. Dazu will Vartak mehr erfahren, aber ebenso dazu, wie die Säuren aus der Leber, die sie herstellt, hinaus gelangen. Er hat schon herausgefunden, dass es in den meisten Leberregionen durch Diffusion geschieht. Nun sucht er nach Wegen, die Ausscheidung der Gallensäuren zu erhöhen.
Wohin seine Forschung langfristig führen soll, weiß Vartak bereits. „Manche Geräte für bestimmte Lebertests füllen ganze Räume“, sagt der Spezialist für Mikroskopie, der in Mumbai Life Sciences, Biochemie und Biotechnologie studiert hat. Nach seiner Promotion am Dortmunder Max Planck Institut für Molekulare Physiologie und einer Zeit dort als Postdoc ist er 2014 ans IfADo gewechselt. Nachiket Vartak möchte dazu beitragen, dass elektronische Geräte für Leberchecks irgendwann deutlich schrumpfen: „Patienten sollen ihre Leber zuhause mit kleinen Geräten überwachen können, wie es heute etwa beim Blutzucker möglich ist.“